1886


Auf der "Luft" regten sich fleißige Hände, im kommenden Jahre 1886 ein neues Haus erstehen zu lassen, denn es ist einmal der Werdegang der Zeit, dass auf den Regen wieder Sonnenschein auf das Sterben ein neues Leben folgt. Nichts gibt es, was nicht zu ersetzen wäre. Des Menschen Unglück ist für den Nächsten ein Glück. Durch Unglück muss er dem anderen den Platz weichen. Ein ewiges Vergehen und ewiges Werden.

Der Frühling ließ die ganze Natur neu erwachen zu neuem Leben. Der Landmann hatte die Felder mit Frucht bestellt und träumte bereits vom gefüllten Speicher.

doch mit des Geschickes Mächten
ist kein ewiger Bund zu flechten
und das Unglück schreitet schnell.

Haselmühle brennt

Ja schneller als man es erhofft. Eben war die Prüfung der Schule Eschlkams beendet und haben sich die Herren und Bürger im Neumayer´schen Gasthause zu einem Dämmerschoppen vereinigt, als die erschütternde Nachricht eintraf:

"In Neukirchen brennts." Ein Blick in Richtung des Feuers ließ aber erkennen, dass es nur die Haselmühle sein könne, was auch die Feuerwehr bestätigt fand, als sie die Unglücksstätte des vorigen Jahres, die Luft erreichte. Das hölzerne Wohnhaus stand in hellen Flammen. Der Kommandant Neumayer richtete sein Augenmerk auf die anstoßende Mühle, welche er unter allen Umständen zu retten hoffte. Alle Achtung und Ehre vor dem tapferen Schlauchführer Georg Seidl, der unermüdet auf seinem Posten aushielt, trotzdem der Boden unter den Füßen bereits zu wanken schien; Zurufe er solle sich zurückziehen erfolgten zu spät und auf einmal war er den Blicken der umstehenden Menschen verschwunden: Die Mühle war durchgebrochen und Seidl war in das Innere gestürzt. Viele wollten ihm zu Hilfe eilen, viele konnten nicht mehr glauben, dass er noch lebe, bis ihm herausgeholfen ward: "Eine höhere Gewalt hatte die schützende Hand über ihn gebreitet", er sollte kein Opfer seines Berufes werden. Von neuem erstieg er die Leiter und hielt unerschrocken sein Strahlrohr in sicherer Hand, vergessen habend dass wenige Minuten vorher es ihn fast das Leben gekostet:
"Das ist nachahmungwürdige Tugend des echten Feuerwehrmannes."
Er hielt aus bis der letzte Funken wegglimmte. Die Mühle war gerettet; dem Müller ward sein Verdienst erhalten, aber mit anderen Verdiensten zog die freiwillige Feuerwehr am anderen Morgen nach Hause, um die rußgeschwärzten Gesichter zu reinigen, um jeder seinem Tagwerk wieder nachzugehen.

König Ludwig II ist tot

So war die Zeit; ruhig ging alles seine Bahn bis in den Zeitungen allenthalben betrübende Nachrichten für den Geist des geliebten Bayernkönigs Ludwig II eintrafen, welche Symptome von Geistesumnachtung zu sein schienen. Kein Mensch konnte dieses fassen: Der geniale König, der von seinem Volke vergöttert ward, derjenige welcher im Verein mit anderen deutschen Fürsten dem König von Preußen die deutsche Kaiserkrone anbot, derjenige der seit seinem Regierungsantritte Kunst und Wissenschaft, Handel und Gewerbe nur gefördert, der das geistige, sittliche und leibliche Wohl seiner Untertanen nur im Auge gehabt, derselbe König, der am 25. August des Jahres 1880 unter so großem Jubel das siebenhundertjährige Jubiläum der Regierung der Wittelsbacher gefeiert, denselben König sollte eine Krankheit des Geistes befallen haben? Es schien unglaublich, aber es war die bittere ernste Wahrheit. In dem Wahne, von seinem Volk nicht verstanden zu werden verlebte er in beständiger Einsamkeit die Zeit auf seinem Lieblingsschloss Berg am Starnberger See. Das trachten unausführbare Traumgebilde zu verwirklichen, steigerte nur seinen Zustand.

Im Juni trat an die Glieder der königlichen Familie und an das Ministerium die schwere verfassungsmäßige Pflicht heran, eine Regentschaft einzusetzen. Diese übernahm des Königs Oheim, Prinz Luitpold. Da des Königs Bruder Otto schon seit mehreren Jahren von unheilbarer Geistesumnachtung befallen war.

Der Monarch konnte diese unglückliche Wendung seines Geschickes nicht ertragen. Er schauderte vor dem Lose, das seinem Geiste bevorstand und fand am 13. Juni 1886, am zweiten Pfingstfeiertage in den frühen Morgenstunden in den Wellen des Starnberger Sees seinen Tod. Am selben Tage durchzitterte die tiefergreifende Kunde das ganze Bayernland und erfüllte die Herzen der bayerischen Feuerwehrmänner mit schwerster Bestürzung:

 " Seine Majestät, König Ludwig II ist aus dem Leben geschieden."

 Ganz Bayern, ja ganz Deutschland trauerte ob des erschütternden Geschickes des reichbegabten Königs, ob des herben Seelenleides der Königin Mutter. Unendlich viel Gutes geschah unter König Ludwig II., so dass seine Periode der Regierung für die Geschichte des bayerischen Staates eine der segensreichsten genannt werden muss.

Am 15. Juni des Jahres 1886 erschien eine schwarz umränderte Nummer der Zeitung für Feuerlöschwesen, welche auf der Titelseite folgende Trauerkunde enthielt:

Seine Majestät König Ludwig II ist aus dem Leben geschieden. So lautet die betrübliche Trauerkunde, die in der Morgenfrühe des zweiten Pfingsttages durchs Land eilte. Tief erschüttert vernahmen die bayerischen Feuerwehren das Hinscheiden ihres Allerhöchsten Protektors.

Unter der Regierung seiner Majestät König Ludwig II hat das bayerische Feuerwehrwesen einen eminenten Aufschwung genommen. Der für alles Gute, Schöne und Edle begeisterte Monarch hat auch dieser hocherfreulichen Entwicklung eines wichtigen Zweiges der öffentlichen Einrichtungen lebhaftes Interesse, gnädigste Förderung und königliche Unterstützung zugewandt.

Durch Übernahme des Protektorats über die Bayerischen Feuerwehren, durch Verleihung des Ehrenzeichens für 25-jährige pflichtgetreue Dienstleistung und durch Auszeichnung vieler um das Feuerlöschwesen verdienter Feuerwehrmänner hat Seine Majestät König Ludwig den Feuerwehren seines Landes besondere königliche Huld und Gnade zugewendet.

Unauslöschlichen Dank empfinden die bayerischen Feuerwehren für all diese Allerhöchsten Beweise wohlwollender königlicher Gesinnung. Unvergessen werden sie sein solange bayerische Feuerwehren bestehen.

An der das ganze Land bewegenden Trauer um seine Majestät König Ludwig II, um ihren Allerhöchsten Protektor nehmen die bayerischen Feuerwehren den innigsten, aufrichtigsten und tiefgefühltesten Anteil.

München, den 15. Juni 1886

Der Bayerische Landesfeuerwehrausschuss
L Jung K. Rat, Vorsitzender.
L. Payr, Schriftführer.

Am Vorabende der Leichenbestattung seiner Majestät legten K. Rat Jung im Namen des Bayerischen Landes-Feuerwehrverbandes und die beiden Vorstände der Münchner Feuerwehr G. Gradrissen und Dam. Kirchmair im Auftrag dieses Corps große Lorbeerkränze mit Widmungsschleifen in den Bayerischen bzw. Münchner Stadtfarben an der Bahre nieder. An der Trauerfeierlichkeit nahmen in der Reihe der Deputationen als Vertreter des Landes-Feuerwehrausschusses der Vorsitzende L. Jung und der Schriftführer L. Payr, sowie Kreisvertreter J. Haggenmiller für Oberbayern, Kreisvertreter A. Ettenkofer für Niederbayern, Kreisvertreter-Ersatzmann R. Lion für Oberfranken, Kreisausschussmitglied J. Schmitt für Unterfranken und Kreisvertreter M. Tien für Schwaben teil. Außerdem hatten sich noch mehrere Bezirksvertreter und Feuerwehrmänner aus den Kreisen, sowie eine Deputation des Münchner Corps angeschlossen.

Die freiwillige Feuerwehr der Stadt München war zur Spalierbildung zugezogen worden und hatte den Karolinenplatz und die einmündenden Straßen zu besetzen.

Nur fünf Jahre waren verflossen seit Seine Majestät allerhuldvollst das Protektorat über die bayerischen Feuerwehren zu übernehmen geruht hatten, und jedem bayerischen Feuerwehrmanne war wohl in dankbarster Erinnerung, welcher hohen Gewogenheit sich der bayerischen Landesfeuerwehr-Verband und das bayerische Feuerwehrwesen beständig von Seiten Seiner Majestät des Königs zu erfreuen gehabt hatte!

Prinz Luitpold ist neuer Protektor

Doch kurze Zeit darauf durfte sich der Landesfeuerwehr-Verband wieder eines Allerhöchsten Protektors erfreuen. Auf eine unterm 6.Juli 1886 Seiner Königlichen Hoheit Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser unterbreiteten Bitte, erhielt der Landesfeuerwehrausschuss unterm 24. Juli 86 nachstehende Entschließung des königlichen Staatsministeriums:


Unter dem Allerhöchsten Protektorate S. Königl. Hoheit des Prinz.Reg.v. B. 

Bayerischer Landesfeuerwehrverband 

Den Feuerwehren unseres Verbandes geben wir nachstehend den hocherfreulichen Inhalt eines höchsten Reseriptes des K. Staatsministeriums des Innern vom 24. Juli des Jahres bekannt:

  K. Staatsministerium des Innern

  Betreff::

Das Protektorat über die freiwilligen Feuerwehren des bayerischen Landes-Feuerwehrverbandes.

  Im Namen Seiner Majestät des Königs, Seine Königlichen Hoheit Prinz Luitpold, des Königreich Bayerns Verweser, haben der alleruntertänigsten Bitte des Bayerischen Landes-Feuerwehrausschusses willfahrend geruht, das Protektorat über die freiwilligen Feuerwehren des bayerischen Landes-Feuerwehrverbandes allergnädigst gerne zu übernehmen.

gez. Frhr. v. Feilitzsch
der Generalsekretär v. Nies, Ministerialrat

Die bayerischen Feuerwehren werden diesen Beweis der Huld und Gnade Seiner Königlichen Hoheit des Prinzregenten Luitpold von Bayern mit innigsten Gefühlen des Dankes und der größten Freude aufnehmen und nicht verfehlen, die Nachricht von der gnädigsten Übernahme des Protektorats durch Seine Königliche Hoheit sofort Ihren Mannschaften in geeigneter, würdiger Weise zur Kenntnis bringen.

München, am 28. Juli 1886

Der bayerische Landesfeuerwehrausschuss
L. Jung, Vorsitzender
L. Payr, Schriftführer

Kreisfeuerwehrtag in Straubing

Am 11. Juli 1886 fand in Straubing der niederbayerische Kreisfeuerwehrtag mit folgendem Programm statt:

Samstag, den 10. Juli, abends 8 Uhr Zusammenkunft im Dietl-Keller.

Sonntag, den 11. Juli, morgens 6 Uhr Übung der freiwilligen Feuerwehr Straubing.

Vormittags 11 Uhr Kreisfeuerwehrversammlung

Tagesordnung:

a) Rechenschaftsbericht des Kreisausschusses

b) Rechnungsablage

c) Beschlussfassung über die vorliegenden Anträge

d) Wahl des Kreisausschusses

nachmittags 4 Uhr Zusammenkunft im Dietl-Keller

 

And. Ettenkofer

Kreisvertreter

 

In das Jahr 1886 fällt ferner noch eine wesentliche Regierungsentschließung des Inhaltes, dass die Militärdienstzeit bei Verleihung des Verdienstzeichens für 25-jährige Feuerwehrdienstzeit in Betracht zu ziehen ist und infolge dessen als Feuerwehrdienstzeit anzurechnen ist.

Bei der im Juli stattgefundenen Feuerwehrversammlung in Kötzting wurde auf gestellten Antrag hin nach der Zahl der Ausschussmitglieder der bereits fünf Unterbezirke eingeteilt. Jedem Ausschussmitglied ist ein solcher Unterbezirk zur speziellen Überwachung und Förderung der zu denselben gehörigen Feuerwehren angewiesen worden. Diese Bezirkseinteilung dürfte für alle größeren Bezirke zweckmäßig und der Feuerwehrsache förderlich sein. Die Ausschussmitglieder hätten ein interessantes Feld zur Bearbeitung und mehr Gelegenheit für die aktive Feuerwehrsache - so schreibt die Zeitung für Feuerlöschwesen - nützlich wirken zu können; sie könnten öfter Inspektionen vornehmen und sich mehr um die Gründung und Organisation von Feuerwehren in jenen Gemeinden ihres Unterbezirks angelegen sein lassen, in denen dieses Institut noch nicht existiert.

Es sollten öfters im Jahre Ausschusssitzungen einberufen werden. In denselben sollte außer Besprechungen über Hebung und Förderung des Bezirksfeuerwehrwesens, von den Ausschussmitgliedern Rapport über den Stand in ihren Unterbezirken erstatten, sowie die in denselben gemachten Erfahrungen und Beobachtungen dargelegt werden. Bei Jahresschluss hätte der Bezirksvertreter von den Ausschussmitgliedern einen Gesamtbericht über Befund und Stand in den Unterbezirken zu erhalten. Auf diese Weise wäre dem Bezirksvertreter seine Chargen-Stellung erleichtert.

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1887 Jahresversammlung des Bezirks Kötzting

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1885 Fond zum späteren Ankauf einer modernen Saug- und Druckspritze gegründet; Wirtshaus "Auf der Luft" brennt ab

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